WO WIR WOHNEN Sommer 2022 | WGG Greifswald Mitgliedermagazin

14 AKTUELLES Die 47-jährige Olga Sukhoruchko ist mit ihren beiden Söhnen Oles (3) und Pavlo (8) aus der Ukraine geflohen und konnte Ende April eine Wohnung bei der WGG beziehen. 15 MEHR ALS 2 WOCHEN UNTERWEGS In einem Interview erzählt sie von ihrer Flucht, der Ankunft in Greifswald und wie ihr Leben heute aussieht. W ir kommen aus der Stadt Bucha, die 25 km von Kiew entfernt ist. Am 25. Februar 2022 flohen wir unter Ex- plosionen und Beschuss. Die Nacht davor verbrachten wir im Keller unseres Hauses und am Morgen versammelten wir uns schnell und verließen die Stadt. Wir haben es geschafft zu gehen, bevor unsere Stadt von russischen Truppen erobert wurde und dort die Hölle begann! Wir zogen lange Zeit von einem Ort zum anderen und ver- suchten, einen mehr oder weniger sicheren Unterschlupf zu finden. Aber in der ganzen Ukraine war Luftalarm zu hören! Dann trafen wir eine schwierige Entschei- dung – wir entschieden, die Ukraine zu verlassen und unsere Kinder in Sicherheit zu bringen. Nachts überquerten wir die Grenze zu Polen. Es war kalt. Wir sind lange gelaufen. Es waren viele Menschen, meist Frauen mit Kindern, und es war sehr anstrengend. Wir nahmen nur das Nötigste mit. Ich hielt immer die Hand meines jüngeren Sohnes, den Koffer und den Ruck- sack. Mein älterer Sohn trug seinen Ruck- sack und unseren Hund im Korb. Die Nacht verbrachten wir in einem Zelt – die Kinder schliefen einfach auf dem Boden auf der Matratze, ich deckte sie mit Decken zu und saß daneben auf einem Stuhl. Am nächsten Tag wurden wir von einem Rotkreuzbus „Wir bewegen Hilfe“ abgeholt, der uns von Polen nach Greifswald brachte. Wir sind am 13. März in Greifswald angekommen. Die Hilfsbereitschaft war überwältigend Die Halbschwester meines Mannes, Anna Sukhoruchko, lebt in Greifswald und sie bot uns ihre Hilfe an. Sie fand für uns eine Familie, bei der wir zunächst wohnen konn- ten. Sarah und Hagen leben in der Nähe von Greifswald und wir sind sehr dankbar, was sie und ihre Nachbarn, Verwandte und Freunde für uns getan haben. Sie halfen, wo sie nur konnten. Wir sind allen sehr, sehr dankbar! In kürzester Zeit hatten wir ein schönes Zuhause Dank Sarah und ihrem Durchhaltevermö- gen haben wir unsere Wohnung bei der WGG gefunden. Sie war noch bewohnt, aber nach wenigen Tagen konnten wir einziehen. Auch hier war die Hilfsbereit- schaft von Sarah und ihren Freunden sehr groß. Sie halfen uns beim Einzug und Besorgen von lebensnotwendigen Dingen. Sie arbeiteten wie fleißige Bienen, sodass wir bereits in kürzester Zeit ein schönes Zuhause hatten. Wir fühlen uns wohl und es ist gemütlich in der Wohnung. Wir haben sehr nette freundliche Nachbarn, die uns auch helfen und ständig daran interessiert sind, ob es uns gut geht. Ich möchte mich bei Hans und seiner Frau, die unter uns wohnen, für ihre Hilfe und Unterstützung bedanken. Meine Kinder gehen gerne in den Kinder- garten und in die Schule, das gefällt ihnen sehr! Mein ältester Sohn hat bereits neue Freunde gefunden. Ich vermisse meinen Mann und meine Ukraine sehr! Mein Mann und viele unserer Verwandten und Freunde leben noch in der Ukraine. Ehrlich gesagt, fällt mir die Trennung schwer. Wir sind ständig in Kontakt, aber es ist sehr schwierig, wenn man seinen Liebsten nicht umarmen oder zumindest seine Hand halten kann. Ich vermisse meinen Mann sehr, meine Familie, meine Heimat und meine Ukraine! Ich hatte keine Ahnung, wie sehr ich meine Heimat liebe und wie sehr ich sie vermissen werde! Ich glaube aufrichtig an unseren Sieg! Ich glau- be, dass die Ukraine in der Lage sein wird, sich zu erholen und frei, unabhängig und gleichberechtigt mit anderen EU-Ländern zu sein! Pläne für die Zukunft Ich verbringe viel Zeit mit Papierkram und dem Gang zu diversen sozialen Einrich- tungen, manchmal kommt es mir so vor, als würde ich einen endlosen Marathon laufen. Ich habe mich für einen Sprachkurs angemeldet, der Unterricht begann am 21. Juni. Ich hoffe, dass das Wissen, das ich dort bekomme, mir hilft, mich schneller an- zupassen und einander in der Gesellschaft besser zu verstehen. Wir sind Deutschland sehr dankbar für die Gastfreundschaft und dass sie uns in dieser für uns schwierigen Zeit aufnehmen. Aber egal wie schön es hier ist, glauben Sie mir, es gibt nichts Schöneres als nach Hause zurückzukehren! Pavlo und seinen Mitschülerinnen Greta und Edda besuchen die Martinschule

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